Archiv

Europa landet auf dem Saturnmond Titan

Im Oktober 1997, wurde fast unbemerkt von der Öffentlichkeit das Cassini-Huygens [sprich Höigens] -Projekt gestartet. Ziel dieses Projektes war der Saturnmond Titan. Titan ist der zweitgrößte Mond im Sonnensystem und übertrifft sogar die Planeten Merkur und Pluto an Größe. Im Gegensatz zu diesen Planeten besitzt er eine dichte Stickstoff-Atmosphäre, die den Mond wie eine orangenfarbene Apfelsine aussehen lässt. (Bild ESA).

Titan

Doch wie kommt man in den Weltraum, wenn man sich aus Kostengründen für ein geplantes Projekt überhaupt gar keine eigene Rakete leisten kann?. Es war den Europäern gelungen, sozusagen per Anhalter in den Weltraum von der amerikanischen Mission Cassini mitgenommen zu werden. Von Anfang an standen aber die Chancen, Saturn überhaupt zu erreichen, nicht sehr gut. Der Ringplanet Saturn steht zur Zeit sehr ungünstig. Das nächste Problem war das Transportmittel. Obwohl die Titan-4B die stärkste amerikanische Rakete ist, sind ihre Triebwerke zu schwach, um das äußere Planetensystem zu erreichen. Die Titan 4B schafft nur eine Fluchtgeschwindigkeit von 12,4 km/s. Um zu den vier Gasriesen zu kommen, wäre jedoch eine Geschwindigkeit von 15,1 km/s nötig. Um die fehlenden Kilometer aufzuholen, musste Cassini zuerst die Venus anfliegen. Von ihr erhielt sie den fehlenden Schwung, damit sie überhaupt Jupiter erreichen konnte.

Titan ist der einzige Mond im Planetensystem, der eine eigene Atmosphäre besitzt. Allerdings ist sie so dicht, dass man die Oberfläche des Mondes nicht sehen kann. Die Oberfläche besteht aus festem Eis, Eismatsch und Flüssigkeit. Es mag seltsam klingen, aber in unserem Sonnensystem gilt ausgerechnet der vereiste Saturnmond Titan als aussichtsreicher Kandidat für außerirdisches Leben. Seine dichte Atmosphäre entspricht in etwa der Uratmosphäre der Erde. Sie enthält viele kohlenstoffhaltige Moleküle, auf denen das Leben basiert. Der Astronom Carl Sagan und sein Kollege Bishun Khare stellten die Titanatmosphäre im Labor nach, indem sie in einen großen Glasbehälter Stickstoff und Methan miteinander vermischten. Als sie diese Atmosphäre einem Strahlengemisch aussetzten, das in etwa der kosmischen Strahlung und der Sonnenstrahlung entsprach, bildeten sich bräunliche Ablagerungen, die RNS enthielten, das ist die Grundsubstanz des Lebens. Die Zustände auf Titan mit seiner dichten Stickstoffatmosphäre sind vergleichbar der Atmosphäre auf der Erde vor vier Milliarden Jahren. Die Wissenschaftler waren sich klar darüber, dass der Lander einen harten Aufschlag nur kurz überleben würde. Garantiert waren 3 Sekunden, erhofft 30 Minuten und geschafft drei Stunden.

Wissen kompakt

  • Am 15. Oktober 1997 wurde das Cassini-Huygens-Projekt mit einer Titan-4B gestartet. Obwohl die Titan-4B die schubstärkste amerikanische Rakete ist, erreicht sie nur eine Fluchtgeschwindigkeit von 12,4 km/s. Um die vier Gasriesen zu erreichen, sind allerdings 15 km/s nötig.
  • Um die Geschwindigkeit zu erreichen, musste zuerst ein kompliziertes Swing-by-Manöver ausgeführt werden. Obwohl sich die Gasriesen im äußeren Sonnensystem befinden, flog die Sonde zuerst in Richtung Sonne zum Planeten Venus. Von ihm holte sie sich genügend Schwung, raste nur wenige 100 km an diesem Planeten vorbei wieder in Richtung Erde.
  • Zwei Jahre später erreichte sie die Erde ein zweites Mal. Mittlerweile hatte die Sonde soviel Schwung erhalten, dass sie genügend Fluchtgeschwindigkeit hatte und die äußeren Planeten erreichen konnte.
  • Vom Planeten Jupiter erhielt sie weiteren Schwung, der die Sonde bis zum Saturn schleuderte. Am 30. Juni 2004 erreichte die Sonde den Planeten Saturn.
  • Als die Sonde am Mond Titan vorbeiflog, löste sich die Huygens-Kapsel von Cassini und der letzte Teil der Mission begann.
  • Um 11.13 Uhr MEZ begann sie in etwa 1.270 km Höhe über Titan ihren Abstieg durch dessen dunstige Wolkendecke.
  • Am 15. Januar setzte die Sonde sicher auf und begann sofort die ersten Daten zur Erde zu senden.
  • Mit Huygens wurde erstmals vor Ort eine gründliche Analyse der Chemie der Titanatmosphäre vorgenommen; auch hat die Sonde die ersten Photos von der verborgenen Oberfläche des Titan aufgenommen und einen detaillierten "Wetterbericht" erstellt.
  • Die Oberfläche Titans ist in ein ewiges trübes orangefarbenes Dämmerlicht eingehüllt, auf dem Boden liegen Eis und kohlenwasserstoffhaltiger Schneematsch bei -180°C.

2010 © Alexander von Behaim-Schwartzbach