Archiv

Das geozentrische Weltbild

Über tausende von Jahren galt das geozentrische Weltbild als unumstößliche Wahrheit. Jeder der zum Himmel blickt, glaubt selbst zu sehen, dass sich alle Himmelskörper um die Erde bewegen. "Im Osten geht die Sonne auf, nach Süden nimmt sie ihren Lauf, im Westen wird sie untergeh'n..." In der Nacht durchwandern die Sterne im selben Rhythmus das Firmament. Jeder der sehen kann, erkennt die Gesetzmäßigkeit der Himmelsmechanik, an der es nichts zu Zweifeln gibt. Doch nicht alle Dinge sind so, wie sie zu sein scheinen.

Der griechische Philosoph Aristoteles (um 350 v.Chr.) beschrieb als erster den Umlauf des Himmels um die Erde. Er heftete die Sterne und die Planeten an sogenannte Sphären, das sind vollkommen durchsichtige Kugelschalen. Tatsächlich ermöglichte dieses Himmelsmodell eine annähernd korrekte Vorhersage der Planetenbewegungen.

Die innerste Sphäre gehörte dem Mond. Die zweite Sphäre besetzte der flinke Planet Merkur. Er ist nicht leicht zu finden, da der Planet sich immer ganz dicht bei der Sonne steht. Nach der Sphäre des Merkurs kommt die Sphäre der Venus. In der Zeit, als man noch keine Teleskope benutzte, endete das Sonnensystem mit Saturn. Hinter Saturn lag die Sphäre der Fixsterne. Der im 2. Jahrhundert lebende Gelehrte Ptolemäus formulierte in seinem berühmten Buch Cosmographia das geozentrische Weltbild. Es wurde von der Kirche als richtig anerkannt, da es sich widerspruchsfrei mit dem damaligen Wissenstand vertrug, dass die Erde im Mittelpunkt des Universums ruht.

 

Die Himmelssphären

© Bild: Ron Miller (1988) in: Stephen Hawking. A Brief History of Time.

Das war eine durchaus vernünftige Vorstellung, denn die Erde scheint bewegungslos im Universum festzustehen, während die Himmelskörper im Osten aufgehen und im Westen untergehen. Kein Wunder, dass die Kulturen aller Völker ähnliche Vorstellungen hatten, denn es ist genau das, was man Tag für Tag selbst sehen kann. Wer an dieser scheinbar unumstößlichen Wahrheit zweifelte, dem drohte der Scheiterhaufen. Im Jahre 1600 wurde der italienische Mönch Giordano Bruno öffentlich verbrannt, da er behauptet hatte, "dass alle Sterne Sonnen seien, die von Planeten umkreist wären und auf einigen von ihnen würde Leben wie auf der Erde existieren."

Die noch heute geläufigen Begriffe Sphärenmusik oder siebter Himmel stammen aus dieser Zeit, denn damals war der Kosmos noch in sieben Sphären oder Himmel unterteilt und der höchste Himmel war eben der siebente, wie ja bekannt sein dürfte.

Wissen kompakt

  • Seit Beginn der Menschheitsgeschichte war das Geozentrische Weltbild die einzige natürliche Wahrheit. Jeder konnte mit eigenen Augen sehen, dass die Gestirne immer im Osten auf- und im Westen untergehen. Folglich müssen sie die Erde umkreisen.
  • Das Wichtigste der Schöpfung war die Erde, sie war der Mittelpunkt des Universum. Man war sich daher gewiss, dass die Erde als wichtigster Teil der Schöpfung, in der Mitte des gesamten Universums stehen müsse. Schon der griechische Philosoph Aristoteles beschrieb so die Himmelsmechanik.
  • Da die geozentrische Weltsicht sich am widerspruchfreiesten mit der Bibel vertrug, wurde sie 2000 Jahre lang zum Dogma erhoben.
  • Als Kopernikus im 1600 Jh. die Sonne in den Mittelpunkt des Universums setzte, mochte niemand an diese neue heliozentrische Theorie glauben.
  • Luther und Melanchthon lehnten die Idee ab, alle Planeten würden die Sonne umkreisen, da Josua die Sonne und den Mond angehalten habe und nicht die Erde. "...und er sprach in Gegenwart Israels: Sonne, steh still zu Gibeon, und Mond, im Tal Ajalon!" (Josua 10,12)
  • Jeder, der dieser Sicht widersprach, wurde vor die heilige Inquisition gebracht und musste seinem Irrglauben abschwören oder er wurde verbrannt. Als Giordano Bruno sich weigerte, seiner gottlosen Idee abzuschwören wurde er 1600 in Rom verbrannt.
  • Galileo Galilei konnte rechtzeitig davon überzeugt werden, dass er sich geirrt habe und wurde wegen seiner Behauptung zu lebenslangem Hausarrest verurteilt. Aufbau des Sonnensystems im geozentrischen Weltbildes
  • Der griechische Philosoph Aristoteles beschrieb als erster den Umlauf des Himmels um die Erde. Alle Himmelskörper sind an Sphären geheftet. Sphären sind durchsichtige Kugelschalen, ineinander geschachtelt wie "russische Puppen".
  • Es ist eine Ironie, dass, obwohl die Theorie falsch war, sich trotzdem eine erstaunlich korrekte Vorhersage bei der Bewegung der Planeten machen ließ.
  • Aufbau der Sphären (zum besseren Verständnis sollte man das Bild betrachten) Die innerste Sphäre gehörte dem Mond. Die zweite Sphäre besetzte der Merkur, der immer wieder am Himmel auftauchte. Die nächste Sphäre gehört Venus, dann folgt die Venus, dann Mars, Jupiter und Saturn. Hier endet das Sphärenmodell, da Uranus, Neptun und Pluto noch nicht entdeckt waren.
  • Die Begriffe "Sphärenmusik" oder "der siebte Himmel" stammen noch aus der Zeit des geozentrischen Weltbildes.

2010 © Alexander von Behaim-Schwartzbach