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Stonehenge - ein Kalender aus Stein

Die gewaltigen Monolithe aus dem englischen Stonehenge sind der erste Sonnenkalender der Menschheit und stammen aus der Steinzeit. Sicherlich hatten die Menschen schon früh erkannt, dass sich das Jahr in wiederkehrende Zyklen unterteilt. Als sich die Menschen in der Steinzeit noch auf der untersten Kulturstufe als Jäger und Sammler befanden, erkannten sie unterschiedliche Klimaschwankungen, die während eines Jahres stattfanden. Dass die Sonne für diese Zyklen verantwortlich war, blieb ihnen nicht lange verborgen. Die beiden wichtigsten Tage im Jahr waren die Sonnenwenden im Winter und im Sommer.

Stonehenge

Um die Sonnenwendetage exakt bestimmen zu können, bauten die Menschen sich bereits vor über 5000 Jahren ein astronomisches Observatorium. Heute weiß man, dass die Anlage in mehreren Phasen gebaut wurde: vor 3100 v.u.Z. entstand ein runder Erdwall mit einem Graben. Die Megalithstruktur, die noch heute etwa 13 km nördlich von Salisbury steht, wurde zwischen 2500 und 2000 v.u.Z. errichtet. Das war zu der Zeit, als in Ägypten die Pyramiden von Gizeh gebaut wurden. Die Steine wurden so ausgerichtet, dass die Sonne am Morgen des Mittsommertages direkt über einem Monolithe aufging. Es ist unwahrscheinlich, dass diese Ausrichtung sich zufällig ergab, denn auch die Wintersonnenwende lässt sich aus der Anordnung der Megalithe exakt ermitteln.

Bis man den astronomischen Hintergrund erkannt hatte, gab es zuvor einige Fehldeutungen. Zum ersten Mal werden die gewaltigen Steine im 9. Jh. n.Chr. von dem frühmittelalterlichen Gelehrten Nennius beschrieben. Mit seiner Historia Brittonum gilt er als der Vater der Britischen Geschichtsschreibung. Er vermutete, dass es als Denkmal für 400 Adelige errichtet worden war, die der Sachsenkönig Hengist 472 n. Chr. hier in der Nähe heimtückisch ermorden ließ. Im 18. Jh. vermutete man, dass es sich hier um die Überreste eines römischen Tempels handeln könnte. Danach wurde es den Druiden zugeschrieben, was ebenfalls falsch war.

William Stukeley fertigte die erste Zeichnung an, die er mit Maßen versah. Mit ihrer Hilfe versuchte er, die astronomische bzw. die kalendarische Platzierung der Steine zu beweisen. Damit hatte er als Erster den wahren Grund der Megalithstruktur erkannt. Nach der Neolithischen Revolution, also mit dem Übergang zur Landwirtschaft, wurde die Bestimmung des richtigen Tages der Aussaat und der Ernte von großer Bedeutung. Nur durch eine systematische Himmelsbeobachtung ließen sich diese Probleme lösen. Der astronomische Kalender ermöglichte es, bestimmte landwirtschaftliche Termine an jährlich wiederkehrende Feste zu binden. Jetzt entstanden die ersten religiösen Fruchtbarkeitskulte. Der Kalender begann, das Jahr zu gliedern. Die ersten Kalender wurden noch durch astronomische Beobachtungen festgelegt. Man erkannte, dass der Neumond in einer exakten Regelmäßigkeit wiederkehrte. Nach ihm ordneten die Juden ihren ersten Kalender. Jeder neue Monat begann im alten Judentum, wenn die erste Mondsichel wieder am Abendhimmel erschien.

2010 © Alexander von Behaim Schwartzbach