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Johannes Kepler: Seine Ausbildung

Die Keplers waren arme Leute. Von 1579-1584 besuchte Johann Kepler die Lateinschule in Ellmendingen. Da der kleine Johannes viel auf dem Acker arbeiten musste, konnte er nicht regelmäßig die Schule besuchen. Nach der Feldarbeit musste er auch bei der Bedienung in der Gaststube mithelfen. Den Gästen blieb nicht lange verborgen, dass der Sohn der Wirtsleute ein ungewöhnliches Kind war, da er auch selbst schwierige Rechenaufgaben im Kopf lösen konnte.

Da das Kind schwächlich war und nur schlecht sehen konnte, taugte es für die schwere Arbeit auf dem Feld nicht. Um den Knaben loszuwerden, schickte man ihn auf die evangelische Klosterschule Adelberg, wo er zuerst eine Aufnahmeprüfung bestehen musste. Doch der begabte Junge hatte damit keine Schwierigkeiten und er bestand die Prüfung auf Anhieb.

Das Schulpensum in Adelberg war recht hoch, doch der kleine Johannes Kepler schaffte es mit Leichtigkeit. Die Erziehungsmethoden an der Klosterschule waren streng und unnachsichtig. Der Tag begann jeden Morgen schon um 4 Uhr mit Psalmensingen. Alle Zöglinge hatten eine Mönchskutte zu tragen. Jede Verfehlung musste sofort den Lehrern gemeldet werden und wurde durch empfindliche Strafen geahndet. Als Kepler einmal seine Mitschüler in kindlicher Naivität verpetzte, wurde er von den anderen Zöglingen grausam verprügelt. Johannes Kepler war immer ein einsames Kind, weshalb er sich mit seinen Büchern zurückzog. Er lernte schnell und war immer einer der besten Schüler. Sein Erfolg machte die Kameraden neidisch. Sein Vater, den er nie richtig kennen gelernt hatte, verließ die Familie 1586 für immer. Als Landsknecht konnte er dem engen Leben in dem schwäbischen Dorf nichts abgewinnen. Von ihm hat man nie wieder etwas gehört.

Kloster Maulbronn (public domain)

Als Johannes Kepler 1586 die Schule in Adelberg beendet hatte, wurde er im evangelischen Kloster Maulbronn aufgenommen. Seine Leistungen waren auch hier wieder ungewöhnlich gut. Niemand konnte mit ihm mithalten. Durch die einfache und knappe Kost bildeten sich an seinen Armen und Beinen überall schmerzhafte Geschwüre. Durch die schwächliche Konstitution war er häufig krank. Er litt ständig an Fieberanfällen und rasenden Kopfschmerzen. Trotzdem lernte er schnell und gut Latein. Es war klar, dass er einmal Theologie studieren würde. 1588 schloss er seine Ausbildung mit einem Baccelaureat ab, das war das Reifezeugnis, mit dem er in der Universität Tübingen aufgenommen wurde. Kepler war gerade 17 Jahre alt geworden. Er hörte Vorlesungen über Griechisch, Hebräisch, Astronomie, Physik, Ethik, Dialektik und Rhetorik. Das sind sieben Fachbereiche! Seine Mutter war kaum noch in der Lage, ihrem Sohn das Studium zu finanzieren, aber die Vaterstadt Weil gewährt ihm ein Stipendium, wodurch sich seine kargen Lebensbedingungen besserten. In Tübingen entstand sein Erstlingswerk, das "Mysterium cosmographicum". Es enthält das Grundprinzip des Kopernikanischen Weltbildes, wonach die Sonne den Mittelpunkt bildet und die Planeten, einschließlich der Erde, in Kreisbahnen mit zusätzlichen Hilfskreisen die Sonne umrunden.

2010 © Alexander von Behaim-Schwartzbach