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Warum ist es nachts dunkel?

Die Frage, warum es in der Nacht dunkel wird, klingt eigentlich sehr banal. Es fällt zunächst schwer, sie aber als ausgesprochen intelligente Frage zu erkennen. Die richtige Antwort beweist nämlich, dass das Universum nicht unendlich groß sein kann. 1744 hatte sich diese Frage zum ersten Mal J.P.L. Cassaux gestellt, doch er fand die richtige Antwort nicht. Andere Großdenker, wie z.B. Isaak Newton oder sein Freund Edmund Halley (jener mit dem Kometen) bissen sich ebenfalls die Zähne an der Frage aus. Auch Johannes Kepler musste passen. Daran sehen wir, dass es sich tatsächlich um eine ungewöhnlich schwierige Frage handelt.

Die richtige Lösung wird dem Bremer Arzt und Amateurastronom Heinrich Olbers zugeschrieben, unter dessen Namen das Problem in die Wissenschaftsgeschichte einging: als Olbers'sches Paradoxon. Zuerst nahm er an, dass vielleicht interstellare Nebel das Licht weit entfernter Sterne verschlucken würde. Aber das konnte die richtige Antwort nicht sein, denn wäre das so, so würden sich diese Nebel mittlerweile so sehr aufgeheizt haben, dass sie selbst glühen würden, weswegen der Nachthimmel taghell sein müsste. "...Wohl uns! dass nicht jeder Punkt des Himmelsgewölbe Sonnenlicht auf die Erde herab sendet. Die unerträgliche Helligkeit, die alle Vergleichung übersteigende Hitze, die dann herrschen würde, nicht einmal betrachtet;...".

Ein Sternenfeld im Sternbild Adler

Ein Paradoxon ist ein Widerspruch zwischen scheinbar überzeugenden Argumenten und der Realität (1). Da der Nachthimmel dunkel ist, ließ eigentlich für Olbers nur den Schluss zu, dass das Weltall nicht unendlich groß sein kann. Wegen dieser scharfsinnigen Erkenntnis, trägt das Paradoxon mit Recht seinen Namen.

Wie weit kann man schauen?

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als Edwin Hubble die Expansion des Universum entdeckte, erkannte man dass ein expandierendes Universum sich von einem Ur-Punkt fortbewegt. Könnte man die Inflation (Expansion) im Film sehen, der rückwärts läuft, würde das Universum in sich zusammen fallen. Zur Zeit ist das Universum einfach noch nicht groß genug ist um so viele Sterne zu haben, damit an jedem Punkt am Himmel ein Stern steht. Um das Problem deutlich zu machen, entwickelte der amerikanische Kosmologe E.R. Harrison folgende Analogie: Wie groß muss ein Wald sein, damit man nicht mehr durchschauen kann, weil alle Stämme den Blick verstellen? Nur wenn er nicht allzu groß ist, können wir durch einige unausgefüllte Lücken zwischen den Stämmen blicken. Wäre also das Universum unendlich groß, so müsste in der Tat an jedem Punkt des Himmels ein Stern stehen, weswegen auch der Nachthimmel taghell sein müsste.

Wissen kompakt

Wer war Heinrich Olbers?

Olbers

  • Heinrich Wilhelm Matthias Olbers wurde als Pastorensohn in Arbergen bei Bremen 1758 geboren. Er war praktischer Arzt, doch er war seit seinem Studium in Göttingen Amateur Astronom. Er wurde durch seine Abhandlung "Über die leichteste und bequemste Methode, die Bahn von Kometen zu berechnen" (1797) in der Astronomie bekannt. Diese Berechnungsmethode ist noch heute nicht überholt.
  • Unter Olbers wurde Bremen zeitweilig zu einem führenden Zentrum der Astronomie.

Das Olbersche Paradoxon

  • Um 1800 hatte sich die Vorstellung unter den Astronomen durchgesetzt, dass Universum und Zeit unendlich seien - ganz im Gegensatz zur Bibel, die klar von einem Anfang und einem Ende spricht. Diese Vorstellung geht schon auf Giordano Bruno (16. Jh.) zurück. Johannes Kepler hielt diese Annahme aber für nicht richtig. Auf diesem Hintergrund entstand zwangsweise die Frage, warum es in der Nacht eigentlich dunkel wird. Wenn nun das Universum unendlich groß und alt sei, so müsse sich doch an jedem Punkt am Firmament ein Stern befinden.
  • Der amerikanische Kosmologe Harrison übertrug die Probleme des Olbers'schen Paradoxons auf die Frage, wo bei einem Wald die Sichtbarkeitsgrenze läge - ab wann es unmöglich wäre, durch eine Baumlücke zu schauen. Wenn die einzelnen Bäume etwa 10 m auseinander stehen, so liegt die Sichtbarkeitsgrenze schon bei 200 m.
  • (1) Literatur: Richter, Das Olberssche Paradoxon, Bremen

2010 © Alexander von Behaim-Schwartzbach