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Sonnenfinsternisse, die Geschichte machten

Sonnenfinsternisse sind unerhört beeindruckende Naturereignisse, die sogar gelegentlich den Lauf der Geschichte verändert haben. Im Jahre 585 v.u.Z. schlugen sich gerade die Lyder und Meder gegenseitig die Köpfe ein. Der große Thales von Milet, ein griechischer Naturphilosoph, sagte eine Sonnenfinsternis für den 28. Mai des Jahres 585 v. Chr. voraus. Tatsächlich verdunkelte sich der Himmel an diesem Tag, woraufhin die kriegerischen Auseinandersetzungen schlagartig beendet und ein Friedensvertrag geschlossen wurde. So hatte ein Philosoph einen Krieg beendet. Doch nicht der erreichte Friede war so wichtig, sondern die Tatsache, dass Thales diese Sonnenfinsternis - also gleichsam den göttlichen Zorn - vorhergesagt, ja datiert hatte. Damit zeigte er, dass auch die Gemütslage der Götter berechenbar war.

 Sonnenfinsternis

In China und in Babylon hatte man fast gleichzeitig schon zweieinhalb Jahrtausende zuvor entdeckt, wie sich Sonnenfinsternisse berechnen lassen. Man hatte erkannt, dass die Finsternisse mit den Stellungen von Sonne, Mond und Erde in Zusammenhang gebracht werden mussten. Sie stellten fest, dass Finsternisse in einer bestimmten Regelmäßigkeit von 18 Jahren 11 1/3 Tagen auftraten. Sie nannten diesen Zeitraum den Saros-Zyklus. Den Chinesen und Babyloniern war auch bekannt, dass die Mondbahn eine Neigung zur Ekliptik hat. Die Schnittpunkte nannten die Babylonier "Knoten", die Chinesen "Drachenpunkte", Begriffe die sich bis heute erhalten haben.

An den Knoten entstehen die Finsternisse

Auch bei uns veränderte eine Sonnenfinsternis den Lauf der Geschichte. Als im Mai 840 n.Chr. sich der Himmel wegen einer Sonnenfinsternis verfinsterte - so wird erzählt - , soll der sensible Frankenkaiser Ludwig der Fromme vor Entsetzen gestorben sein. Das hinterlassene Reich wurde nach einem jahrelangen Kampf mit dem historischen Vertrag von Verdun unter seinen drei Söhnen aufgeteilt. Aus dem riesigen Heiligen Römischen Reich deutscher Nation entstanden Frankreich, Deutschland und Italien.

Bei seiner vierten Reise nach Amerika, im Jahre 1504, strandete Christoph Kolumbus an der Küste von Jamaika. Seine Schiffe waren von Würmern zerfressen und für die Überquerung des Atlantiks nicht mehr zu gebrauchen. Das Schlimmste aber war, dass die Eingeborenen den Spaniern feindlich gesinnt waren. Als die Spanier in ihrer Not die Dörfer plünderten, wollten die Eingeborenen die Fremden angreifen. In letzter Not griff Kolumbus zu einer List. Aus den Sternentabellen des Regiomontanus wusste er, dass in Kürze eine Sonnenfinsternis genau hier stattfinden würde. Kolumbus rief die Eingeborenen zusammen und warnte sie, Gott werde die Sonne vom Himmel nehmen, wenn sie weiterhin ihre Unterstützung verweigerten. Bald drauf begann die Sonne sich tatsächlich zu verdunkeln und die Eingeborenen baten Kolumbus entsetzt, seinen Gott wieder gnädig zu stimmen und sie brachten den Spaniern neue Nahrung und halfen ihnen, die Schiffe wieder seetüchtig zu machen.

Wissen kompakt

  • Thales von Milet (* 624 v. Chr. in Milet, Kleinasien , † 546 v. Chr.) war ein vorsokratischer griechischer Philosoph. Er sagte, als eine Schlacht zwischen den Lydern und den Medern tobte, für den 28. Mai des Jahres 585 v. Chr. eine Sonnenfinsternis voraus, die auch genau an diesem Tag eintrat. Die Lyder und die Meder waren überzeugt, dass die Götter ihnen zürnten und sie beendeten sofort ihren Kampf und schlossen Frieden. Dadurch, dass Thales diese Sonnenfinsternis richtig vorausgesagt hatte, hatte er bewiesen, dass auch so beeindruckende Ereignisse wie Sonnenfinsternisse, keine göttlichen Zeichen sind, sondern eben nur Naturereignisse. Ein Philosoph hatte einen Krieg entschieden.
  • In China und in Babylonien hatte man schon zweieinhalb Jahrtausende vor den Griechen entdeckt, wie sich Sonnenfinsternisse berechnen lassen. Um das verstehen zu können, müssen wir uns das Dreiersystem Erde - Mond - Sonne vorstellen. Die Erde kreist mit dem Mond im Schlepptau in einem Jahr einmal um die Sonne. Während dieser Zeit umkreist der Mond die Erde 12 mal. Da die Mondbahn aber um 5° gegen die Ekliptik gekippt ist, steht er mal tiefer oder mal höher am Himmel. Zweimal durchläuft der Mond den Punkt, an dem Erde - Mond und Sonne exakt in einer Linie stehen. Da die Mondbahn dann genau, von der Erde aus gesehen die freie Sicht zu Sonne verdeckt, tritt eine Sonnenfinsternis ein.
  • Die chinesiche Mythologie erklärte das Phänomen der verschwundenen Sonne dadurch, dass ein Drache die Sonne aufgefressen habe. Damit der Drache die Sonne wieder frei gab, mußte man ihn blos kräftig erschrecken, was immer zu dem gewünschten Ziel führte. Daher nennt man diesen Punkt den Drachenpunkt. Die Babylonier nannten ihn Knoten. Beide Bezeichnungen haben sich bis heute erhalten.
  • Kaiser Ludwig I., genannt der Fromme, der Sohn Kaiser Karl des Großen, war bekanntermaßen ein Sensibelchen. Im April 840 ereignete sich eine Sonnenfinsternis in Deutschland. Als er einige Wochen nach dem unerhörten Naturereignis starb, zerbach das Heilige Römische Reich deutscher Nation in drei Teile: Deutschland, Frankreich und Italien.

2010 © Alexander von Behaim Schwartzbach