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Tierpark des Grauens

Das Leben im Tertiär muss ein wahrer Alptraum gewesen sein. Aus den harmlosen Säugetieren, die das Kreide/Tertiär-Ereignis (Meteoreinschlag) überlebt hatten, hatte sich mittlerweile eine schreckliche Fauna entwickelt. Der über 2 Meter große straußenähnliche Diatryma, der auf zwei kräftigen säulenartigen Beinen durch die Tertiärsavanne stapfte, hatte sich zu einem richtigen Killervogel entwickelt. Er war ein ausdauernder Läufer, der seine Beute zu Tode hetzte. Mit seinem mächtigen Schnabel zertrümmerte er mühelos die Schädel seiner Beute. Eines der furchterregendsten Tiere muss aber das Archaeotherium, eine kuhgroße Schweineart, gewesen sein. Dieses furiose Monster lebte im Miozän und muss damals die Tiere terrorisiert haben. Paläontologen vermuten, dass der Archaeotherium wie die heutigen Hyänen von Aas lebte und andere Raubtiere durch ihr aggressives Auftreten von ihrer Beute vertrieb.

Diatryma - der Killervogel

Eine der bewährten Überlebensstrategien, die sich schon bei den Sauriern bewährt hatte, war sich durch schiere Größe von den Raubtieren zu schützen. Das gigantische Indricotherium wurde so groß wie ein zweistöckiges Haus und wurde 15 Tonnen schwer. Das Indricotherium, oder Giraffennashorn, war das größte Landsäugetier, das je auf der Erde gelebt hatte. Seine Größe machten es praktisch unangreifbar. Selbst ein Elefant hätte klein neben ihm ausgesehen. Wegen seiner Größe konnte es mühelos, wie eine Giraffe, die obersten Äste erreichen.

 Myolodon

Andere Tiere retteten ihr Leben, indem sie einen Fluchtinstinkt entwickelten. Das verlangte aber eine Spezialisierung der Sinnesorgane. Um einen Fressfeind früh genug zu bemerken, mussten die Augen, Ohren oder der Geruchssinn sehr leistungsfähig sein. Auch musste es eine hohe Laufgeschwindigkeit erreichen. Tiere, die durch Krankheit oder durch eine Verletzung geschwächt waren, entkamen ihren Fressfeinden nicht mehr und wurden erjagt und gefressen. Daraus wird klar, welche wichtige Rolle die Raubtiere in einem intakten Ökosystem spielen. Dort, wo in der Natur die Beutegreifer fehlen, bricht schon nach wenigen Generationen ein Bestand zusammen, da sich Krankheitskeime verbreiten können. Es kommt jedoch auch vor, dass Neozonen (neu eingeführte Tiere, die nicht in einem Ökosystem angepasst sind), wegen fehlender Fressfeinde sich explosionsartig vermehren. Das hat natürlich auch eine verhängnisvolle Auswirkung auf ein Ökosystem. Doch alle Ökosysteme der Vergangenheit waren immer wieder in der Lage, sich neu zu organisieren. Das Tertiär war so etwas wie ein Freilandlabor der Evolution. Alle Tiere, die durch das Raster der Evolution fielen, sind inzwischen ausgestorben.

Bildernachweis

  • Bild 1: :Diatryma
  • Bild 2: Riesenfaultier (Myolodon) Gould, Stephen Jay Das Buch des Lebens. S. 191 vgs Verlagsgesellschaft Köln 1993

 

Wissen kompakt

  • Es hatte nur wenige Millionen Jahre gedauert, bis aus den Säugetieren, die das kosmische Inferno überlebt hatten, aus unscheinbaren Tierchen, gewaltige Säugetiere geworden waren.
  • Das vor wenigen Tausend Jahre ausgestorbene Riesenfaultier erreichte noch eine Körpergröße von viereinhalb Metern und einer Länge von sechs Metern, war es so gewaltig, dass es keine Feinde fürchten brauchte. Außerdem hatte es dreißig Zentimeter lange, messerscharfe Krallen, die das Tier zu einem wehrhaften Gegner machten. Mit seinen messerscharfen Krallen zerfetzte es jeden Angreifer und deswegen war es unverwundbar.
  • Das Schattendasein der Säugetiere im Reich der übermächtigen Saurier, war nur möglich, weil die Säugetiere die Leistungsfähigkeit ihrer Sinne extrem entwickelten. Ein hoch entwickeltes Gehör, ein scharfes Auge oder ein guter Geruchsinn warnt fluchtorientierte Tiere vor sich anschleichende Feinde.
  • Charles Darwin hat diesen Mechanismus als "Survival of the fittest" bezeichnet. Dieses Wort wurde oft falsch übersetzt, was verhängnisvoll war. Er bedeutet "Überleben des am besten Angepassten", und nicht "Überleben des Stärkeren". * Obiges Bild zeigt den Killervogel Diatryma. Er ist ein Paradebeispiel, das zeigt, das auch der Stärkste untergehen kann. Da er sehr laufstark war, ein hervorragendes Auge besaß und sich überaus gut zu wehren wusste, ist er trotzdem nach einigen Millionen Jahren, noch während des Tertiärs, ausgestorben.
  • Lebewesen, die zu erfolgreich sind, droht der Untergang. Da er sich durch seine überragenden Fähigkeiten mühelos Nahrung beschaffen konnten, entsteht folglich ein Ungleichgewicht in der Natur. Tiere, die zu erfolgreich sind, bringen mit hoher Wahrscheinlichkeit mehr Junge durch als andere Tiere. Da die Tiere wegen ihrer Wehrhaftigkeit sich gut verteidigen konnten, wuchs die Population der Diatyma rasch und rottete ihre Nahrung immer mehr aus. Irgendwann waren alle seine Beutetiere verschwunden und die Diatryma mussten verhungern. Es ist ein Irrtum zu glauben, dass in der Natur immer nur die Stärksten überleben.

© 2010 Alexander von Behaim Schwartzbach