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Der Urknall wird entdeckt

Jeder kennt dieses Phänomen: Ein Krankenwagen nähert sich mit eingeschalteter Sirene. Während er sich auf uns zu bewegt, hört man einen hohen Klang. Erst wenn er vorbeigefahren ist, fällt die Tonhöhe ab: Diiiüuu.

Der österreichische Physiker Christian Doppler, der übrigens auch Gregor Mendels Lehrer war, hatte herausgefunden, warum das so ist. Vor etwa 150 Jahren machte er ein verblüffendes Experiment: Er engagierte eine Trompetergruppe, setzte einige von ihnen auf einen offenen Eisenbahnwaggon und ließ sie verschiedene Töne blasen. Dann wurde der Waggon in Bewegung versetzt und andere Musiker, die neben den Gleisen standen, wurden nach der gerade geblasenen Note gefragt. Doppler vermutete, dass die Töne der heranfahrenden Musiker höher waren, jedoch die Töne der sich entfernenden Musiker tiefer sein müssten. Der Versuch war ein voller Erfolg. Er hatte richtig vermutet: Schallwellen werden zusammengepresst, wenn sich die Schallquelle auf den Beobachter zu bewegt. Entfernt sie sich aber, so werden die Schallwellen gedehnt, weshalb die Töne dunkler werden.

Rot- und Blauverschiebung

Dieses Phänomen gibt es übrigens auch für Lichtwellen. Licht, das auf uns zukommt, ist leicht ins bläuliche verschoben, während das Licht, dass von uns fortstrebt, sich ins Rot verschiebt. Daher sprechen die Astronomen von einer Rotverschiebung. Als Edwin Hubble 1929 die Galaxien durch ein Fernrohr betrachtete, bemerkte er, dass deren Licht  ins Rot verschoben ist.  Objekte, die sich von der Erde  im Weltraum entfernen sind rotverschoben, würden sie sich nähern, müssten sie ins Blau verschoben sein. Hubble folgerte daher gemäß der Dopplerinterpretation, dass sich die Galaxien von uns entfernen. Je weiter sie entfernt sind, desto schneller bewegen sie sich von uns fort. Mit dieser Entdeckung wurde er einer der bedeutensten Astronomen des 20. Jahrhunderts und hat unsere Vorstellung vom Weltall völlig verändert. Moderne Astrophysiker reihen ihn daher unter die großen Revolutionäre unseres Weltbildes ein: Kepler, Kopernikus, Galileo - und Hubble.

Man hat diese Beobachtung Hubbles bald als Expansion des Raumes gedeutet. Im Umkehrschluss bedeutet dies: Wenn das Universum kontinuierlich expandiert, dann müssen irgendwann vor langer Zeit alle Galaxien ganz dicht beisammen gewesen sein - an einem unendlich kleinen Punkt, der unendlich dicht und unendlich heiß war, dem Urknall. Interessanterweise hat Hubble diese Deutung bis zuletzt abgelehnt und nach einer anderen Möglichkeit gesucht, die beobachtete Rotverschiebung zu erklären. Heute ist allerdings die Deutung der Rotverschiebung als Raumdehnung, beginnend mit dem Urknall, die Standardtheorie der Kosmologie.

Wissen kompakt

  • Wenn sich ein Polizeiauto mit eingeschalteter Sirene sich nähert, hört man einen aufsteigenden Ton. Wenn das Polizeiauto vorbeigefahren ist, sinkt die Tonhöhe.
  • Das gleiche geschieht auch mit Lichtwellen. Wenn Licht auf einen Betrachter einstrahlt, ist es ins Blaue verschoben, wenn sich die Lichtquelle nähert. Entfernt sich eine Lichtquelle, dann verschiebt sich das Licht ins Rot.
  • Da das Licht entfernter Galaxien ins Rot verschoben ist, entfernen sie sich von der Erde. Es war der amerikanische Astronom Edwin Hubble, der diesen Zusammenhang entdeckt hat.
  • Daraus schloss man, dass das Universum auseinander fliegt.
  • Die Rotverschiebung lässt sich alternativ auch mit der Raumdehnung erklären: Die von einer fernen Galaxis abgestrahlten Lichtwellen werden durch die Raumdehnung (Expansion des Universums) auf ihrem Weg zu uns in die Länge gezogen. Im Umkehrschluss bedeutet dies, das sich früher alle Himmelsobjekte dichter beieinander befunden haben mussten.

2010 © Alexander von Behaim-Schwartzbach